Chronologisch von oben nach unten: Teil-Renovierung 2022, Wiedereröffnung 2020
Gemütlich
Die Einfachso Bar in neuer Optik
Eigentlich war die große Renovierung zur Wiedereröffnung der Einfachso Bar (Klaragasse 26) im September 2020 noch nicht so lange her (GAYCON berichtete). Trotzdem wurde der letzte Pandemie-Lockdown im Winter 2021/22 nochmals für eine Teil-Renovierung genutzt. Bars & Clubs blieben ja geschlossen. Hatte die Mega-Halloween-Party 2021 zu arge Spuren hinterlassen? GAYCON forschte bei Wirt Martin Urban über die Gründe nach.
„In den Lockdown-Wochen hatte ich viel Zeit nachzudenken. Ich stellte mir die Frage, was kann ich weiter verbessern, was gefällt mir immer noch nicht. Die bisherige Optik war schon schön, aber damals kurz vor der Wiedereröffnung musste alles schnell gehen. Das Ergebnis hat mir noch nicht so richtig gefallen. Mit den bisherigen Bildern an der Wand war ich auch noch nicht zufrieden“, erzählt Martin, der die Wände nach der ersten Renovierung noch zu langweilig fand. „Ich erkannte, dass mehr Wärme, mehr Gemütlichkeit und ein großer Spiegel im Lokal fehlen. Mein bester Freund aus Frankfurt und mein Schwager haben die Renovierung als Geschenk für mich umgesetzt!“ Der Windfang um die Eingangstür hat nun auf der Lokalinnenseite eine Fachwerk-Optik bekommen. Die anderen Wände eine Vintage-Mauerwerk-Tapete und der Kaminvorsprung Ziegelstein-Look. Beim großen Spiegel im goldenen Rahmen bleibt nun der Blick überrascht hängen. Er macht den Raum nun auch optisch größer. Alte Holzleitern zieren die Wände, können aber gleichzeitig als Garderobe von den Gästen benutzt werden. Auf der anderen Seite, dem großen Spiegel gegenüber, wurde ein altes Holzfenster platziert. Es wird als Bilderrahmen genutzt, in dem zukünftig Papierbilder von tollen Events von den Gästen betrachtet werden können. Aktuell sind die GAYCON Halloween Fotos dort zu sehen. Die hintere Wandfläche bei den Spielautomaten soll noch an den neuen Look angepasst werden. Hier will sich Martin noch einen besonderen Kick für die Ecke einfallen lassen. Übrigens, auch die Wände der Toiletten strahlen nun ganz frisch in Metallic Grün. Martin plant schon für die längere Zukunft auch Veränderungen auf der Biergarten-Terrasse ein. Da lassen wir uns gerne überraschen. Die Teil-Renovierung ist wirklich gut gelungen. Schaut mal bei Martin und seinem Team vorbei.
NK/ GAYCON April 2022
In Franken verwurzelt
Seit 01. September 2020 ist Martin Urban (40) neuer Wirt in der Nürnberger Szenebar „Einfachso“ (Klaragasse 26). Die Lokal-Wiedereröffnung fand nun am ersten September-Freitag statt. Vorher wurde im kleinen Team kräftig renoviert. Damit bleibt das Lokal für die LSBTTIQ*-Community in der Frankenmetropole erhalten. Wir sprachen mit Martin über seine persönliche Nürnberg-Geschichte und seine Pläne.
„Ich hatte in der Corona-Auszeit viel nachgedacht und sehe das Einfachso als neue Chance für mich, ein eigenes Konzept zu verwirklichen. Die Feierlaune und die Besuchermischung von früher schwebten mir vor. Einfach mit allen locker reden und Spaß haben. Ich möchte, dass die Leute wieder Lust bekommen in die Kneipe zu gehen“, betont Martin, der bewusst das Lokal auch für die Community retten wollte. „Ich möchte das Aussterben der schwulen Szene stoppen, mit Investitionen in Details und Qualität ein Lokal erschaffen, wo die Gäste wieder gerne verweilen und vorbeikommen. Wenn Veranstaltungen wieder erlaubt sind, sollen regelmäßig Shows und Events stattfinden. Aber auch Bingo- und Karaoke-Abende.“ Mitte Juli wurde mit der Renovierung begonnen. Es gab viel zu tun. Die alten Sitzschalen-Bänke rausreißen, Wände in den Rohbauzustand zurückversetzen und die Toiletten mit Fliesen komplett sanieren, den Lagerraum vergrößern. Die Technik der Kühlung, Spülmaschine und Kaffeemaschine mussten erneuert werden, eine digitale Musikbox mit WLAN ist nun installiert. Die Wände bekamen einen neuen Putz mit cremefarbenem Anstrich plus einer hellen Holzverkleidung im unteren Bereich. Bequeme Sitzbänke bieten viel Platz in den Fensterecken des Lokalraumes. Schwarze Lampen mit Goldreflex-Effekt sorgen für angenehmes Licht. Ein Hingucker ist die Decke, die eine Verkleidung aus feuerfestem Stoff erhielt, als schwarzer Baldachin-Himmel. Die Fenster sind neu gestrichen und die große Gartenterrasse mit Blick auf das Germanische Nationalmuseum bekam eine neue Holzbestuhlung mit flexibler Tischgröße. Ein Glück, dass nur die Hausfassade unter Denkmalschutz steht. „Ihr seid ja langweilig“, mit diesen Worten vom Vertreter des Ordnungsamtes der Stadt Nürnberg hatte Martin die Erlaubnis zur Wiedereröffnung bekommen. Martin war erst irritiert über die Aussage, bis er begriff, es gab nichts zu beanstanden.
Von Böhmen nach Nürnberg
Martin ist in Aussig an der Elbe geboren, im Gebiet Böhmen des heutigen Nachbarstaats Tschechien. Die Stadt mit rund 60.000 Einwohnern trägt den Namen Ústí nad Labem und liegt etwa 48 km südöstlich von Dresden. „Schon in der Schule fand ich, dass der Name Nürnberg interessant klingt. Wegen der Nähe hatten viele in der Klasse den Ostblick auf Leipzig und Dresden im Kopf. Ich wollte aber nach Nürnberg“, erinnert sich Martin, der eigentlich eine Ausbildung zum Maurer in seiner Heimat absolvierte. „Als Jugendlicher kam ich schon früh mit der Gastronomie in Kontakt und arbeitete nebenbei bei einer Metzgerei mit Gasthaus. Das wollte ich schon immer, das hat mir gefallen.“ Die Gelegenheit, nach Franken zu wechseln, ergab sich im Jahr 1998. Sein Chef betreute eine Baustelle in Deutschland und fragte, welche Mitarbeiter mitgehen. Martin meldete sich sofort und kam dadurch nach Nürnberg. Später wechselte er die Branche und war sechs Jahre bei einer großen Nürnberger Druckerei beschäftigt. Nebenbei hatte er die Fühler in die Szenegastronomie ausgestreckt und arbeitete schon 2001 mit 21 Jahren als Aushilfe im Einfachso. Damals war Wirt Walter Mayer vom La Bas noch dafür zuständig, der das Lokal 1999 (für seinen Freund) gegründet hatte. Nach dem Tod von Walter übernahm Wirt Ulrich Stratica vom Alt Prag auch die Leitung vom La Bas. Damit bekam Martin einen ersten festen Job in der Gastronomie. Nach dem überraschenden Tod von ‚Uli‘ im Jahr 2017 hat Martin seine ersten Wirte-Erfahrungen in der Speisegaststätte La Bas am Hallplatz mit dem dortigen Team sammeln können. In den letzten Monaten ist aber der Wunsch nach einem Lokal mit einem eigenen Konzept herangereift. Die freie Zeit mit Nachdenken im Corona-Lockdown hat den Wunsch verstärkt. Für eine kurze Zeit überlegte Martin sogar, nach Frankfurt zu gehen. Doch all seine Freundschaften sind hier in Nürnberg. Das hielt in hier. Hier ist er verwurzelt. Auch wenn Martin vom Hallplatz nun weg ist, er und das La Bas Team bleiben weiterhin freundschaftlich eng verbunden.
Wiedereröffnung
Der Lockdown zur Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 hatte dem Vorgänger-Wirt Thomas Frauer vom Einfachso schon im April die Zukunftsperspektive geraubt. Deshalb blieb die Bar einige Wochen geschlossen. Thomas hatte von Walter die Bar am 01. Januar 2011 übernommen, ebenfalls mit der Motivation, sie der Nürnberger Szenewelt zu erhalten. Seine persönlichen zehn Jahre hat er nicht geschafft, was er sehr bedauert. Auch ohne Pressemitteilung sprach sich die Nachfolgesuche natürlich in der Szene herum. Das war die Chance für Martin. Er sah für sich eine Zukunft. Mit seinem Konzept. Er hat viel investiert. Dank seiner Handwerker-Ausbildung und einiger tatkräftiger Helfer wie Frank, konnte er viele Arbeiten selber an den Umbaumaßnahmen umsetzen. Eine weitere wesentliche Änderung sind die Öffnungszeiten. Jeden Tag ist schon ab Mittag geöffnet und es gibt keinen Ruhetag mehr. „Ich bin ein Mensch, der warten kann. Bis die Situation kommt, wo ich meine Wünsche und Ideen in die Tat umsetze. Dann tue ich alles dafür“, betont Martin, der glücklich ist über so viele Gäste bei der Wiedereröffnung. „Jeder darf so sein, wie er ist. Ich möchte mehr Zusammenhalt. Weniger streiten untereinander. Alle sind im Einfachso willkommen. Die Türen sind für die Community & Friends geöffnet.“
Text/Fotos: Norbert Kiesewetter
GAYCON September 2020