Chronologisch von oben nach unten: Comicreleaseparty & Interview mit Martina Schradi - 2013
„Ach, so ist das?!“
In einer liebenswürdigen Multivisionsshow stellten Martina Schradi und ihr Team eine bunte Auswahl ihrer „Ach, so ist das?!“- Geschichten in der DESI vor. Eine erfreulich große Publikumsschar honorierte die gewitzt vertonten Dialoge mit viel Applaus und Zugabe-Forderungen. Bereits fünf weitere Städte buchten inzwischen die Ausstellung, die in Nürnberg ab sofort im Eckstein in der Burgstraße 1 – 3 bewundert werden kann. Die Finissage findet am 18. Oktober um 19.00 Uhr statt. Das Projekt der ‚Biografischen Comicreportagen von LGBTI’ wird gefördert im Rahmen des Bundesprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“.
Ach, so ist das?!
Ein Hausbesuch bei der Illustratorin Martina Schradi
Die lesbische Aktivistin Kasha Jacqueline Nabagesera wird für ihren Kampf um mehr LSBTI-Rechte in ihrem Land Uganda/Afrika mit dem Nürnberger Menschenrechtspreis 2013 ausgezeichnet. Im Rahmenprogramm der Preisverleihung im kommenden Herbst gibt es eine Reihe interessanter Aktionen. So etwa die Friedenstafel in der Straße der Menschenrechte, einen Empfang der schwul-lesbischen Gruppierungen, eine internationale Konferenz unter dem Motto „LSBTI-Rechte sind Menschenrechte – überall“. Als außergewöhnliches Highlight präsentiert sich die Comicrelease-Party des LSBTI-Projekts „Ach, so ist das?!“ am 21.09.2013 im Stadtteilzentrum DESI. Dazu ist eine Ausstellung der Comicposter im Eckstein, sowie in den Schaufenstern mehrerer Läden in der Innenstadt geplant. GAYCON besuchte die Comiczeichnerin Martina Schradi an ihrem Zeichentisch in der Nürnberger Altstadt.
Unter dem Motto „Ach, so ist das?!“ sammelt die Künstlerin wahre Geschichten um Lebensweise und Erfahrungen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transidenten, Transgender und Intersexuellen (LSBTI) und macht daraus biografische Comicreportagen. Das Ziel ist, LSBTI-Personen in all ihren Facetten sichtbar zu machen, ihre Lebensweise, ihre Identität, aber auch Diskriminierungserfahrungen zu zeigen. Der Startschuß fiel vor über einem Jahr. Schradi saß mit ihrer besten Freundin im Café und sie erzählten sich Anekdoten aus dem Freundeskreis. „Dann hatten wir die Idee: Warum nicht daraus ein Comic machen? Deshalb meldete ich meine Projektidee beim Bundesprogramm ‚Toleranz fördern – Kompetenz stärken‘ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend an“, erzählt sie. Stolz darüber, dass erstmals ein LSBTI-Projekt die Förderung erhält. „Auch ohne Zusage hätte ich dieses Comicprojekt umgesetzt. Nebenbei hätte es allerdings wesentlich länger gedauert .“ Martina Schradi arbeitet als Grafik Designerin und Illustratorin. Neben Beiträgen für Fliederlich e.V. oder den Frauenball Nürnberg hat sie z.B. das Logo der Tinnitussis entworfen. Auch Aufträge für die Stadt Nürnberg gehören zu ihrem Berufsalltag. „Schon in der Schulzeit habe ich gern die Ottifanten nachgemalt. Speziell an Cartoons fasziniert mich, dass sie die Aussage auf den Punkt bringen“, erzählt Schradi. „Ursprünglich hatte ich Psychologie studiert, aber genau das hilft mir jetzt bei der biografischen Arbeit.“ Ihre Freizeit verbringt sie mit ihrer Partnerin oder mit ihren besten Freundinnen im gemeinsamen Schrebergarten.
Vom ersten Kontakt mit der Erzählperson bis zum fertigen Comic durchläuft die jeweilige Geschichte einen komplexen Prozess. „Die Drähte liefen schon heiß und begeisterte Leute aus ganz Deutschland meldeten sich auf erste Pressemitteilungen per E-Mail. Ich habe viel telefoniert und im Nürnberger Raum auch einige zu persönlichen Gesprächen getroffen“, beschreibt sie das Echo. „Toll finde ich auch die individuelle Vielfalt der unterschiedlichen Lebensweisen. Das möchte ich gerne mit meinen Bildgeschichten wiedergeben.“ Zuerst fällt die Entscheidung, ob sich das geschilderte Erlebnis für einen Comic überhaupt eignet. „Das Schwierigste ist, die Dramaturgie der Story sinnvoll in Postergröße oder auf drei DIN A4 Seiten zu bekommen. Die Kunst ist, dabei authentisch an der Erzählung zu bleiben“, betont Schradi die Herausforderung. „Unser Schwerpunkt ist die neutrale Darstellung von dem Erlebnis. Dann die Reaktion der Umwelt und wie gehe ich damit um.“ Manchmal ähneln die Figuren den Erzählenden, wenn diese damit einverstanden sind. Dann wird die Geschichte in Tusche gezeichnet, gescannt und am Computer ausgemalt. „Der große Vorteil am Medium Comic ist, dass es die Leute auf einer niederschwelligen Art lockt, sich die Bilder anzuschauen. So können ernste Themen trotzdem mit Humor transportiert werden“, ist Schradi von ihrem Projekt überzeugt. Ein ganzes Team hilft ihr beim Schreiben der Geschichten, bei Ausstellungen, Events oder bei der Veröffentlichung auf der Homepage. Künftig soll auch pädagogisches Material dazu entwickelt werden. Dann können Schulen einen Satz der Comicposter gegen Unkostenbeteiligung kaufen. Übrigens, die Geschichtensammlung geht weiter! Meldet Euch unter: www.achsoistdas.com
Foto/ Text Norbert Kiesewetter
GAYCON JUNI 2013