Chronologisch von oben nach unten: Einbruch (2022), Spenden-Doppel (2019), 10 Jahre Bernd Literaturhaus (2019), Vom Wahlberliner zum Nürnberg Liebhaber (2014)
Einbruch
Schaden für Restaurant im Literaturhaus
Schock bei Wirt Bernhard Rings. In der Nacht vom Sonntag auf Rosenmontag brachen bislang unbekannte Täter in das Restaurant Literaturhaus (Luitpoldstr. 6) in der Nürnberger Altstadt ein. Mit dem Oberlichtfenster, auf der kleinen Dachterrasse zur benachbarten Klarakirche, fanden die Einbrecher eine scheinbare Schwachstelle, um in die darunter liegende Küche zu gelangen. Sie schnitten das Glas heraus. Im Innenbereich wurden mehrere Türen aufgehebelt, außerdem die Räume durchsucht. Die Diebe machten Beute im Wert von über 10.000 Euro, nachdem sie den Tresor aufgeflext hatten. Gleichzeitig verursachten sie Sachschäden im Wert von rund 1.200 Euro. Gerade an diesem Wochenende fanden zuvor die ausverkauften Rosegardens-Menüs mit Künstler André Sultan-Sade in den Räumen statt. Bei der Veranstaltung am Rosenmontag wollte Bernhard Rings die Stimmung nicht belasten und hielt den Einbruch vor den Organisatoren und den Gästen geheim, obwohl er nur wenige Stunden zuvor passiert war. Es fielen nur Leute auf, die sich mit der Beseitigung von Schäden befassten. +++ Michael und Oliver vom Rosegardens, die mit den Abenden das Literaturhaus und die Künstler eigentlich unterstützen wollten, sind natürlich über den Vorfall bestürzt. Die erarbeiteten Einnahmen sind weg, was angesichts der Gesamtsituation fassungslos macht. (NK)
GAYCON März 2022
Spenden-Doppel
Am 17. August 2009 übernahm Bernhard Rings, ursprünglich Gastronom in der Hauptstadt Berlin, als Pächter das Restaurant im Literaturhaus (Luitpoldstr. 6). Zum 10jährigen Jubiläum startete er im August zwei Spendenprojekte. Eine Woche lang wurde der „Jubiläumsteller“ für 15 Euro im Restaurant angeboten. 149 Gäste ließen sich die Leckerei schmecken, wobei sie gleichzeitig die gute Tat unterstützten. Ein Gesamterlös von 2275 Euro konnte an Redakteur Wolfgang Heilig-Achneck für die „Freude für alle“-Aktion der Nürnberger Nachrichten überreicht werden. Seit knapp 50 Jahren wird damit in Not geratenen Menschen, darunter auch vielen Familien und speziell Kindern, geholfen. +++ Bei der „Schlagerparty“ im August feierte Bernd mit der queeren Community ein rauschendes Fest. Dank vieler Sponsoren konnte das Eintrittsgeld zu 100 Prozent gesammelt werden. Bei ausverkauftem Haus hatten die Gäste einen tollen Abend und spendeten noch selber dazu. So konnten 2510 Euro an die Vorstandsvorsitzende Hanne Henke und an Vorstand Bernd Pflieger vom Verein Klabautermann e.V. überreicht werden. Der Verein betreut chronisch kranke Kinder und ihre Familien in Mittelfranken. Mit beiden Spendenaktionen bedankt sich Bernhard Rings, der mit Restaurantleiter Jörg Schuster einen waschechten Franken an seiner Seite hat, symbolisch für die gute Aufnahme in Nürnberg. (NK)
GAYCON September 2019
Danke für 10 Jahre
Im August 2009 übernahm Bernhard Rings als Pächter das Café Restaurant im Literaturhaus (Luitpoldstr. 6) vom Literaturhaus-Verein. Damals sprang er ins kalte Wasser, denn außer seinen Lebenspartner Gerd und seinen besten Freund Hans kannte er niemanden in Franken. Die beiden kamen aus Berlin mit ihm nach Nürnberg. Zehn Jahre später ist er mit seinem Team fester Bestandteil der Nürnberger Gastroszene. Er hat viele Freundschaften geschlossen, auch mit Kollegen aus der Gastronomie. Mit den aktiven Vereinen sowie Gruppen aus der queeren Community ist er heute eng verwoben. Mit der Benefiz-Schlagerparty am 24. August 2019 möchte Bernd DANKE sagen.
Als er das Haus vor zehn Jahren übernommen hatte, bestand der Mitarbeiter-Stamm aus acht gelernten und vier ungelernten Kräften. Heute gehören 30 Mitarbeiter zum Team, außer drei Aushilfskräften sind alle fest angestellt. „Mit Freundlichkeit, Ambiente und kulinarischer Vielfalt haben wir mehr als doppelt so viele Arbeitsplätze geschaffen. Ich wusste damals noch nicht, was mich erwartet, denn ich kannte nur die Umsatzzahlen vom Vorgänger“, erinnert sich Bernd. „Mir ist schon immer wichtig, dass sich alle Gäste wohl fühlen. Vom Straßenverkäufer bis zum Professor. Von alt bis jung. Übrigens, unsere älteste Stammkundin ist 90 Jahre alt.“ Mit der Zeit hat er sich mit seinen Mitarbeitern auch auf spezielle Gästegruppen eingestellt. Dafür wurden Speisekarten beispielsweise in Blindenschrift und eine mit großer Schrift für Sehbehinderte angeschafft. Für die Bedienung der Gehörlosen-Gruppe wurde das Team geschult. Im Küchen-Team selbst haben auch Menschen mit Handicap ihren Arbeitsplatz gefunden. „Eine Kollegin ist seit drei Jahren dabei. Sie lacht viel und hebt durch ihre Fröhlichkeit oft die Stimmung“, erzählt der Küchenchef. Weil sich Bernd in seiner Freizeit in die Nürnberger Szene integriert hat, ergaben sich auch viele neue Kontakte. Deshalb nutzt heute die queere Community sehr gerne die zentralen Räumlichkeiten für Veranstaltungen oder als Treffpunkt. Das reicht vom Transgender-Stammtisch über die „Nürnberger Bärchen“, den Nürnberger Lederclub mit seinem Brunch zum CMT, den Verein Fliederlich, wenn das eigene Zentrum zu klein ist, den Sportverein Rosa Panther für die Mitgliederversammlung, die Theatergruppe Schlampenlichter, das queere Internationale Tennisturnier zur Registrierung bis zum Treffen des OrgaTeams vom CSD Nürnberg. „Es freut mich auch, wenn Leute aus der Szene Geburtstage in unserem Haus feiern. Immer öfter kommen auch schwule, lesbische und Transgender-Paare mit ihren Hochzeitsgästen zu uns“, betont Bernd, dem es viel Freude bereitet, auch neue kulinarische Ideen umzusetzen. „Ans Aufhören denke ich noch lange nicht. Ich könnte gar nicht daheim bleiben. Den Pachtvertrag habe ich schon verlängert. Es macht mir unverändert viel Spaß.“
Zusammenhalt statt Konkurrenz
Einen deutlichen Unterschied in der Gastronomieszene zwischen Nürnberg und Berlin sieht er in der Nachbarschaftshilfe. „In Berlin herrschte mehr Konkurrenzdenken. Hier in Nürnberg hat mir, nur um ein Beispiel zu nennen, das Maritim-Hotel einmal in einer misslichen Lage ausgeholfen. Sonst hätte der ausverkaufte Sonntags-Brunch ohne die vergessene Butter stattfinden müssen. Auch zwischen den vielen neuen Lokalen in der Luitpoldstraße haben wir ein gutes Verhältnis und helfen uns gegenseitig aus. Jeder neue Wirt wird besucht und willkommen geheißen. In Berlin wäre das so nicht üblich gewesen“, erinnert sich Bernd. „Wir planen alle gemeinsam, für die Luitpoldstraße eine attraktivere Beleuchtung zu organisieren, oder wenn es klappt sogar ein Sommer-Straßenfest.“ Neben guten Kontakten zu den Wirten aus der Szene wie etwa Alex von der Bert´s Bar oder Peter vom Savoy, haben sich auch Freundschaften zu Rick und Bert entwickelt. „Das sehe ich nicht als selbstverständlich an.“ Als Bernd damals nach Nürnberg kam, wurde ihm gesagt, die Franken seien stur. Doch in Berlin wurde immer ‚wenn du Hilfe brauchst, ruf an‘ angeboten. „Doch wenn man anrief, hatten sie nie Zeit.“ Beim Umzug hatte die Transportfirma alle 35 Kartons in ein Zimmer der neuen Nürnberger Wohnung gestapelt. „Hier habe ich dann entsprechende Hilfsangebote auch getestet und festgestellt, dass die Leute tatsächlich kamen und mir beim Auspacken geholfen haben. So sind meine ersten Freundschaften entstanden. Ich hatte Glück beim Leute kennenlernen. In Nürnberg ist mehr möglich. Das genieße ich kulturell, obwohl ich aktuell mehr Arbeit habe. Trotzdem ist auch mehr Freizeit vorhanden, weil ich alles besser verarbeiten und in Einklang bringen kann. Das alles habe ich wie ein Schwamm aufgesaugt.“ Dass vor einigen Jahren dunkle Wolken vorrübergehend seinen Gesundheitszustand eingetrübt hatten, will er nicht verschweigen. Die Krankheit hat er inzwischen besiegt. Doch im Rahmen der Therapie hat er auch die Schicksale betroffener Kinder erlebt. Deshalb hat er beschlossen, die Gesamteinnahmen aus seiner Jubiläumsfeier dem Verein Klabautermann zukommen zu lassen. Die Spenden werden dort ausschließlich der Unterstützung chronisch kranker Kinder und ihrer Familien in Mittelfranken verwendet. Der komplette Eintrittspreis seiner Benefiz-Schlagerparty am Samstag 24. August 2019 wird dem Verein zukommen: Voraussichtlich mehr als 2000 Euro! „Die Feier ist ein Dankeschön. Ich bin dankbar, dass ich das Geschenk habe, dass es mir gut geht. Danke, dass die Leute zu mir kommen. Und ich bin dankbar den Sponsoren, die mir dabei helfen. Es werden alle Gäste an diesem Abend satt werden“, grinst Bernd. „Mein Ziel ist, nie stehen zu bleiben. Immer wieder neue Gerichte zu entwerfen oder ständig Neues zu lernen. Und natürlich viel Zeit mit meinem Mann Gerd zu verbringen.“
Text/ Fotos Norbert Kiesewetter
GAYCON August 2019
Vom Wahlberliner zum Nürnberg - Liebhaber
Seit fünf Jahren bewirtschaftet Bernhard Rings als Chef der Küche das Café Restaurant Literaturhaus in der Luitpoldstraße gegenüber der Buchhandlung des Neuen Museums. Schon lange hat er sich in die fränkische Mentalität eingelebt und fühlt sich hier in der Frankenhauptstadt sehr wohl. Mit seinem Ehemann Gerd ist er schon über zehn Jahre zusammen. Er hat immer ein offenes Ohr für die Community, wo er sich zum Beispiel mit einem Gastro-Stand am Nürnberger CSD-Straßenfest im letzten Jahr beteiligte. Bernd freut sich auf viele neue Lesungen mit bekannten Autoren im Haus und weitere tolle Jahre mit seiner Belegschaft.
Am 17. August 2009 war sein erster Arbeitstag in der Frankenmetropole. Während früher meist Aushilfen beschäftigt waren, arbeiten heute im Lokal nur Festangestellte und Auszubildende. „Als erste größere Aktion schaffte ich eine Vitrine an und führte ein Kuchenbuffet ein. Seitdem werden nach alten Rezepten sowie mit Saisonfrüchten Kuchen und Torten nach Hausfrauen- und Oma-Art hergestellt“, betont Bernd. Er hatte diese Auswahl für ein klassisches Kaffeehaus vermisst gehabt. Ihm war aber auch wichtig, dass der Namenszusatz ‚Restaurant‘ von der Königstraße aus sichtbar ist. Denn das Lokal bedient das vollständige Sortiment. „Auch der Brunch am Sonntag wurde mit großem Buffet erfolgreich neu eingeführt. Leider ist es noch nicht so bekannt, dass wir im 1. Stock einen großen Raum für Familien- und Weihnachtsfeiern haben.“ Die dazugehörige kleine Dachterrasse zur Klarakappelle liegt versteckt, dabei kann man dort dem Kochteam durch die Glaspyramiden-Dachfenster in die Töpfe schauen. Bernd ist übrigens "Officier Maître Rôtisseur" in der weltweiten Feinschmeckervereinigung "Confrérie de la Chaîne des Rôtisseurs". Das Restaurant im Literaturhaus wurde als Mitgliedshaus anerkannt.
Langer Weg nach Franken
Seine Kochausbildung absolvierte Bernd bei der Maritim Hotelkette in Bad Salzufflen. Als Jungkoch siedelte er nach Berlin über und sammelte einige Jahre Erfahrungen, danach war er 12 Jahre bei einer Steakhauskette Geschäftsführer und für deren Veranstaltungsräume zuständig. „Mit 39 Jahren fragte ich mich, ob ich mich selbständig machen oder dort bis zur Rente bleiben sollte. Ich eröffnete mein ‚Rings-Restaurant‘ in Berlin-Friedenau mit Gewölbestuckdecke und schmiedeeisernen Kerzenständern. Ich habe zusammen mit Hans, der auch heute im Restaurant Literaturhaus Kellner ist, 12 Jahre sehr viel gearbeitet. Für Freizeit und Urlaub war kein Platz. Ohne die Hilfe von Hans‘ Mutter hätten wir es nicht geschafft“, berichtet Bernd aus seiner Berliner Phase. „Dann kam die Wende und unsere Gäste sind aus dem Stadtteil weggezogen, viele nach Potsdam. Es war schrecklich, an einem Tag kam sogar kein einziger Gast. Trotzdem möchte ich die insgesamt schöne Hauptstadtzeit nicht missen.“ Das alte Berliner Mietshaus mit Lokal war mit einem Partner ursprünglich als Altersvorsorge gekauft worden. Eine Kettenreaktion aus nicht sanierten Wohnungen mit folgendem Leerstand führte zur Zwangsversteigerung. „Wenn ich den Zuschlag für das Haus zu meinem Limit nicht bekomme, werde ich es verlassen“, war die Devise von Bernd und ein anderer Bieter hatte tatsächlich überboten. Er wusste allerdings damals noch nicht, wohin. In Berlin fand sich kein passendes alternatives Objekt. Freunde aus Franken meinten, er solle doch mal nach Nürnberg kommen. „Ich würde es anderes machen“, dachte sich Bernd, als er zum ersten Mal im Kaffeehaus Literaturhaus verweilte. „Ich bin normalerweise gegen eine Uniform. Aber für den Gast sind dadurch die Mitarbeiter besser erkennbar.“ Ein halbes Jahr später wurde er gefragt, ob er die Chef-Koch-Leitung übernehmen möchte.
Coming out
Bernd war 19 Jahre, wohnte erst drei Monate in Berlin und wurde von einem Kumpel in die WoBa-Disco mitgenommen. „Ich habe mich gewundert, dass der korpulente Herr hinter der Theke ‚Wilma‘ genannt wurde. Von Kerlen wurden Getränke spendiert und viele tanzten alleine. Ich hatte damals nicht bemerkt, dass es ein schwuler Laden war“, lacht Bernd über seine jugendliche Naivität. Aber in Berlin fiel es ihm leicht, zu sich zu stehen. Bruder und Schwester wussten schon Bescheid. Die Eltern erfuhren es erst, als er seinen ersten langjährigen Freund hatte. Seine Mutter war von der galanten Art seines Freundes begeistert, der Vater bekam einen Brief von Bernd. Die Antwort vom Vater per Postkarte: „Mach alles was Dich glücklich macht!“ Die Partnerschaft hielt 21 Jahre lang. Nach einer fünfjährigen Solopause meinte eine Freundin, dass er wieder mehr unter die Leute gehen solle. Über das Internet fand er seinen heutigen Mann Gerd, aber zunächst als Sportpartner zum Walken im Volkspark. ‚Amor‘ traf während einer achtstündigen Theateraufführung. Schon nach einem halben Jahr wurde die Lebenspartnerschaft mit 70 Gästen und offenem Cabrio zum Standesamt gefeiert. Am 27. Oktober 2014 feiern Bernd und Gerd ihren 10. Hochzeitstag.
Die Franken
„Zuerst bekam ich einen Franken-Crash-Kurs von Restaurantleiter Jörg Schuster. Hier wollen die Gäste viel Soße zum weichen Spargel, in Berlin war wenig Soße zum festen Spargel angesagt. Die Leute hier gucken erstmal neugierig. Aber wenn sie dich dann kennen und du gerade keine Zeit hast, winken sie freundlich. Dass Franken angeblich zum Lachen in den Keller gehen, kann ich nicht bestätigen. Ich habe genau die gegenteilige Erfahrung gemacht, das kannte ich aus Berlin nicht“, erzählt Bernd aus seinem Lokalalltag. „Schön ist hier auch die familiäre Szene. Die Freunde sind herzlich und jeder nimmt an deinem Leben teil. Während es in Berlin überwiegend kühl und oberflächlich zugeht. Ich fühle mich hier gut aufgenommen.“ Ihm gefällt auch die Stadt, die überschaubar und nicht so laut und hektisch ist. Die zentrale Lage bietet kurze Wege in die Berge oder zu den Freunden in der Schweiz. Bernd nutzt gerne das kulturelle Angebot im Staatstheater und er hat nur zehn Minuten Fußweg zu seinem Lokal. Das alles ist für ihn Lebensqualität, die er nicht mehr missen möchte.
Text/ Fotos Norbert Kiesewetter
GAYCON August 2014