Queer on Tour
Neue Motorradgruppe für das Frankenland
Schon seit zwei Jahren existiert die queere Motorradgruppe „Main-Riders“ für den fränkischen Raum. Sie sind für alle Menschen offen, welche die Vielfalt der sexuellen Toleranz leben. Die Interessensgemeinschaft ist kein eingetragener Verein, aktuell liegt der Community-Schwerpunkt der Mitglieder mehr bei Erlangen und Bamberg. GAYCON im Gespräch mit dem Gründer der „Main-Riders“ Peter „Proky“ Korn (46) aus Nürnberg über seine Motivation, Familientradition und Bedenken.
„Der größte Wunsch zur Gründung der Gruppe war, nicht allein fahren zu wollen und den Spaß mit Gleichgesinnten zu teilen. Es ist eine Herausforderung, eine queere Motorradgruppe aufzubauen, nachdem die queere fränkische Motorrad-Szene eigentlich tot ist. Motorrad fahren ist nicht mehr ‚In‘. Gerade bei den schwulen Männern ist es nicht mehr aktuell“, bedauert Peter. „Ein Grund sind die unterschiedlichen Fahrstile und Gruppeninteressen. Es gibt die Fraktion ‚Kilometer fressen und heizen‘ und die Fraktion ‚Zusammensitzen und Spaß haben‘.“ Viele ‚Heizer‘, die nur Gas geben wollen, auf Anfänger keine Rücksicht nehmen, sich rücksichtlos verhalten und sich an keinerlei Regeln halten, hätten das Motoradfahren in Verruf gebracht. „Wir wollen einen Neuanfang machen. Wir wollen für die ein Anlaufpunkt sein, die sich darauf verlassen möchten, dass niemand unter Druck gesetzt wird. Ja, es macht auch Spaß, nach den Regeln zu fahren, die auch die Schwächsten in der Gruppe mit einbeziehen“, betont Peter. „Unsere queere Gruppe ist offen für alle. Queere und Heterosexuelle, darunter auch Frauen, weil wir eben einen Safe Space für alle bieten, wo sich niemand angegangen zu fühlen braucht, wegen seines Fahrstils, seines Geschlechts oder seiner Orientierung. Unser Einzugsgebiet ist ganz Franken. Aktuell gibt es keinen ortsfesten Stammtisch und keinen festen Tour-Startpunkt, um keine Region zu benachteiligen.“
Familientradition
Peter Korn ist in Nürnberg geboren und aufgewachsen. Als kleines Kind wollte er Feuerwehrmann werden. Lernte dann den Beruf des Elektrikers, und baut heute Antriebsbatterien für Elektro-LKW, davor waren es Dieselmotoren, bei einem großen Unternehmen in Nürnberg. Weil sein Vater beruflich bei der Verkehrspolizei in der Motorradstaffel fuhr, privat jedoch nie, ist dem Peter die Neugier an den Maschinen quasi mit in die Wiege gelegt worden. Schon mit zwei Jahren fuhr er beim Papa auf dem Tank mit im Kreis. Ein familiärer Schicksalsschlag allerdings war, dass der Großvater beim Motorradfahren tödlich verunglückte, was Peters Sicherheitsbewusstsein beim Motorradfahren nachhaltig beeinflusst hat. „Anfangs bin ich bei verschiedenen Leuten nur mitgefahren. Beim besten Kumpel, beim Bruder und bei meinem Ex-Freund aus Köln. Erst 2011 machte ich den Motorradführerschein, sonst hätte ich ihn gar nicht mehr gemacht“, erzählt Peter. „Wichtig ist mir auch die Aktivität des Motorradfahrens in der Gruppe. Das sind keine sexuellen Kontakte. Keine Ficktreffen. Da haben so manch Außenstehende leider oft einen falschen Eindruck.“ Die Frage nach seiner eigenen sexuellen Identität hat er sich selbst mit 17 Jahren gestellt. Eigentlich hatte er sich seit seinem Coming out 24 Jahre lang als schwuler Mann gefühlt. Vor kurzem erlebte er ein neues Coming out als Bisexueller. „So wie ein Fluss, oder eine Straße, nie gerade verläuft, sondern Kurven und Bögen macht, so läuft auch das Leben nicht gerade und macht Kurven und Bögen. Mit dem Alter kommt die Weisheit“, erzählt Peter lächelnd. Seine persönliche Lieblingsgegend für Motorrad-Touren ist die Fränkische Schweiz. Er liebt es, die gemeinsamen Touren mit einem Zwischenstopp zum Mittagessen, zum Kaffeetrinken oder zum Abendessen zu verknüpfen. „Es gibt so viele schöne Ecken, so viele schöne Biergärten sowie Geheim-Tipps. Wer Stille und Abgeschiedenheit sucht, wird auch fündig“, ist Peter überzeugt. „Und ich liebe die Region Spessart. Vermutlich weil ich auch nicht so oft hinkommen kann.“ Für die Bezeichnung seiner Motorradgruppe wollte er einen besonderen Namen finden, der aber bundesweit gleichzeitig die fränkische Region wiederspiegelt. „Jede fränkische Motorradgruppe nennt sich hier irgendwie ‚Franken-Biker‘. Ich finde das einfallslos. Ich wollte einen Namen, der sich davon unterscheidet, aber womit sich alle Franken identifizieren können“, erklärt Peter, der alle großen Flüsse in die Namens-Überlegung einband. „Übrig blieb der Main, der über Franken hinaus bekannt ist, der viele Städte verbindet und der größte und längste Fluss hier ist. Außerdem liegen in Oberfranken die zwei Main-Quellen.“ Und ihm war ein neutraler Name wichtig, der nicht gleich einen sexuellen Bezug zulässt. Schließlich entschied er sich für ‚Main-Riders‘. „Jeder, der ein Motorrad hat, ist willkommen. Sofern er unsere Gruppenregeln akzeptiert, sozial und verkehrstechnisch sich zu benehmen weiß“, betont Peter. Die Main-Riders sind kein Verein, sondern eine Interessensgemeinschaft. Es gibt keine Mitgliedsbeiträge. Jeder muss sein Benzin selber bezahlen, jeder trägt seine eigenen Unkosten und seine Verantwortung.
Text/ Fotos: Norbert Kiesewetter
GAYCON Juni 2024
+++ Nächste Tour: Sonntag 23. Juni 2024 im Rahmenprogramm der PRIDE WEEK vom CSD Schwabach. Start ist um 11:00 Uhr. Detail-Infos sowie Startpunkt der Tour wird bei Anmeldung per Mail bei der Gruppe Main-Riders mitgeteilt +++
Kontakt zur queeren Motorradgruppe Main-Riders:
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