Bavarian Mister Leather 2017
Im Rahmen des 15. Starkbierfestes vom Münchner Löwen Club (MLC) am dritten Märzwochenende, wurde im ausverkauften Oberanger-Theater Manfred Herbst zum Bavarian Mister Leather 2017 gewählt. Der neue Titelträger wohnt seit neun Jahren mit seinem Lebenspartner in Wassertrüdigen. Sein Heimatverein, der Nürnberger Lederclub (NLC), freut sich über den Gewinner aus den eigenen Reihen. Zum GAYCON Fotoshooting/ Interview trafen wir uns in der Frankenhauptstadt Nürnberg.
Die Mister-Wahl geht auf eine Erfindung des Münchner Lederclubs aus dem Jahr 2001 zurück. Interessanterweise hatte bei der damaligen Premiere der Nürnberger Stefan gewonnen. Dieser wurde in Chicago zwei Monate später zum International Mister Leather gewählt. Ob das ein gutes Omen für Manfred ist? „Es waren 120 Gäste beim Gala-Dinner im Publikum, überwiegend aus München. Dass ich als Franke überhaupt gewinnen könnte, hätte ich nicht zu hoffen gewagt. Nach der Ergebnis-Bekanntgabe lief alles zunächst wie in einem Film ab. Erst als ich den Segen der Schwestern der Perpetuellen Indulgenz bekam, ließ das übermannte Gefühl nach und ich empfand es als einen genial schönen Augenblick“, erinnert sich Manfred (35). „Meine vorbereitete Rede hatte ich zerknüllt und nur spontan gesagt, was mir an Worten in den Sinn kam. Die Moderation von Bernd Müller war gigantisch. Sowie er merkte, dass wir Kandidaten wegen des Lampenfiebers eine kurze Pause innerhalb der Vorstellungsrunden brauchten, hat er sie uns gegeben.“ Manfred ist sympathisch und authentisch bei den Gästen im Saal rübergekommen. Seine Rede hat beeindruckt. Außerdem fand er immer wieder den persönlichen Blickkontakt zu den Besuchern im Saal, auch dank einer günstigen Beleuchtung. „Nach meiner persönlichen Erfahrung geht es in der Lederszene sehr herzlich zu und es gibt sehr wenig Vorurteile. Aber ich möchte als Mister die gesamte Community vertreten. Wir müssen für unsere Rechte weiter kämpfen. Gerade im Wahljahr ist die Gefahr eines politischen Rechtsrucks gegeben. Deshalb empfinde ich es als meine Pflicht, mich zu engagieren. Damit wir gemeinsam mehr erreichen können, nicht nur in der CSD Zeit, sondern auch im Alltag“, betont Manfred seine Motivation zur Teilnahme. „Es geht aber auch um die Akzeptanz innerhalb unserer Community. Diese ist leider viel zu wenig ausgeprägt. Ich möchte meinen Beitrag leisten, um das zu ändern.“
Leben in der Provinz
Ursprünglich stammt Manfred aus der Oberpfalz. Der gebürtige Neumarkter outete sich bereits im zarten Alter von 14 Jahren. Mit 21 zog es ihn in die Großstadt, er lebte fünf Jahre lang in Nürnberg. Dann lernte er seinen heutigen Mann Christian kennen. Seit neun Jahren sind die beiden zusammen und wohnen seitdem in Wassertrüdingen. Ein 5000-Einwohner-Ort am Südwestzipfel von Mittelfranken, mit drei Pfarrern seelsorgerisch gut ausgestattet. „Die Akzeptanz in der Bevölkerung wird immer besser. Wir stehen offen zu unserer Liebesbeziehung auch auf dem Lande. Egal ob bei unserer Hochzeit oder beim Hauskauf, wir hatten keine Probleme. Ganz im Gegenteil, das Feedback ist phänomenal, auch jetzt beim Gewinn des Mister-Titels. Weil wir gut in der Gemeinschaft eingebunden sind, haben wir die Erfahrung machen dürfen, dass man sich in der Provinz teilweise leichter integrieren kann als in der Anonymität der Großstadt“, betont Manfred nachdenklich. „Nach meiner Einschätzung ist Rückzug oder Flucht der falsche Weg. Die gleiche Erfahrung habe ich bei meinem Arbeitgeber gemacht“, betont der Mechaniker und Schichtleiter eines internationalen Fürther Familienunternehmens. „Damals bei einem Firmenessen brachte ich meinen Partner mit und wurde sofort respektiert. Kleine Befürchtungen, die ich zu Anfang hatte, weil die meisten Kollegen türkischstämmig sind, erwiesen sich als Klischee-Denken. Zu unserer Hochzeit im letzten Jahr bekamen wir ein super Geschenk von der Belegschaft.“
Die Lust am Lederfetisch
Manfred schaute schon seit etlichen Jahren bei den Keller-Partys im Nürnberger Lederclub vorbei und fühlte sich dort immer sehr wohl. Inzwischen hat sich auch bei seinem Mann eine späte Leidenschaft pro Lederszene entwickelt. 2015 wurde der Wunsch, den Heimatverein zu unterstützen, mit der Mitgliedschaft besiegelt. Das Interesse, sich auch mehr in der Fetisch-Community zu engagieren, wurde auf dem Nürnberger CSD geweckt. „Der damals amtierende Werner hat mich gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, mich als Bavarian Mister Leather zu bewerben. Das hat einen Denkprozess angestoßen, ob das zeitlich mit meinem Job vereinbar wäre. Denn viele Mails müssen bearbeitet, die Homepage gepflegt, die Pflicht-Termine wie CSD München, Grillfest & Weihnachtsfest MLC, Oktoberfest usw. erfüllt und etliche freiwillige Termine mit eingebaut werden. Der finanzielle Background sollte ebenfalls stimmen. Sogar eine Reise nach Chicago gehört zum Pflichtprogramm. Doch die finanziert der Löwen Club“, grinst Manfred, der am 01. Januar 2017 seine Bewerbungsunterlagen abgegeben hat. „Toleranz und Akzeptanz auch innerhalb der Fetisch-Szene sind mir wichtig, besonders im Hinblick der Altersstruktur. Hier wünsche ich mir mehr Mischung zwischen den Nachwuchs-U33-Partys und dem älteren Publikum. Wir sind eine Community und die älteren Generationen sollten nicht auf einem Abstellplatz geparkt werden. Wenn wir dazu einen anderen Umgang finden würden, das wäre schön.“
Franken & Nordbayern
Insgesamt möchte Manfred als amtierender Bavarian Mister Leather die Nürnberger und fränkische Community bekannter machen. Denn Nürnberg bietet beispielsweise den Vorteil einer Kultur- & Szenetour in einem. Beeindruckende historische Bauwerke auf dem Weg zwischen den verschiedenen Szeneläden. Während in anderen Großstädten durch die Gentrifizierung in konzentrierten Szenevierteln reihenweise traditionelle Kneipen schließen müssen, haben die verteilten Nürnberger Lokale seit Jahren ihren festen gesicherten Stammplatz. „Mein Wunsch wäre, dass die Nürnberger Community mehr Zusammenhalt und Gemeinschaftssinn entwickeln sollte. Wenn alle am gleichen Strang ziehen, schaffen wir mehr“, betont Manfred, der die Franken-Szene puschen möchte. „Ich werde auch gerne kleinere Geschichten mit meiner Teilnahme unterstützen. Oft haben sie mehr Atmosphäre, während um die großen Events zu oft ein Hype gemacht wird.“ Außerdem plant Manfred so manche Kooperation innerhalb der Community. Wie etwa mit der Benefiz-Gala der Roten Bühne, dem CSD Aschaffenburg, CSD Nürnberg, Fliederlich, AIDS-Hilfe Nürnberg und natürlich dem CMT. Über weitere Aktionen möchte er derzeit noch nichts verraten. Auch der Nürnberger Lederclub baut gerade neue internationale Beziehungen nach Italien/ Rom auf. Gegenseitige Besuche sind schon fest vereinbart. „Das ist gerade das schöne Multikulturelle am Tisch, welches ich nun erleben darf“, schwärmt Manfred von seinem neuen Amt. „Das Herzliche, Menschliche nicht nur der verschiedenen Schärpenträger aus vielen Nationen, auch die nationale und internationale Unterstützung sowie die meines Mannes als Manager, sind mir im Moment sehr wichtig. Für die vielen Eindrücke, die nun auf mich zukommen.“
Kontakt zu Manfred über Facebook
Fotos/ Text Norbert Kiesewetter
GAYCON April 2017