Chronologisch von oben nach unten: Neue Single "Ich tanze unterm Regenbogen" (2021), 30 Jahre Mark Lorenz (2016), Jubiläumskonzert mit Bildergalerie (2016)
“Hier kann ich sein wie ich bin“
Neue Regenbogen-Single von Mark Lorenz
Der fränkische Schlagerstar Mark Lorenz veröffentlichte bereits im Februar seinen neuen Song „Ich tanze unterm Regenbogen“. Die Single ist eine Hommage an Mykonos, an die Zeit, als die griechische Insel der große Sehnsuchtsort der Regenbogen Community und noch nicht der Treffpunkt des internationalen Jet-Sets war. GAYCON kommunizierte mit Mark über die Hintergründe des Songs, eigene Erfahrungen der queeren Insel-Situation damals und heute.
„Ich tanze unterm Regenbogen erzählt die Geschichte meines ersten Mykonos-Urlaubes im Jahr 1985, als die Insel ein eleganter, magischer Ort für die Gays aus aller Welt war. Nach einem Bericht in der Zeitschrift ‚Du & Ich‘ (damals eines der größten deutschen Gay-Magazine, Anm. NK) entstand der Wunsch, genau dorthin zu reisen und unter Gleichgesinnten unbeschwerte sonnige Tage in einer toleranten Atmosphäre zu verbringen“, betont Mark. „Schon allein die Anreise gestaltete sich nicht so wie wir das heute kennen. Rein in den Flieger, Direktflug und nach zweieinhalb Stunden Party live erleben. Sorry. Man musste in Athen den Flieger verlassen, in Piräus übernachten und am nächsten Morgen acht Stunden auf die Fähre, durch die Ägäis schippern um am Nachmittag endlich auf ‚der Insel‘ anzukommen.“ So beschreibt Mark die umständliche Verkehrssituation in den 80er Jahren. Das kann sich heute niemand mehr vorstellen, dass die Anreise schon das Marathonerlebnis pur war. Heutige Luxusressorts gab es damals noch nicht. Fehlanzeige! Bis auf einige wenige Hotels wurden nur Privatzimmer angeboten. Einheimische standen am Hafen mit den Schildern ‚Rooms‘ in der Hand und warteten auf Urlaubsgäste.
Ohne Regenbogenfahne
„Und dann war man endlich da. Saß in den Cafés am Hafen, begegnete Pedros dem Inselpelikan, fuhr mit kleinen Boten zu den Stränden Paradies bzw. Superparadies, genoss die Sonne, andere Männer, aß später im Eden, betrachte den Sonnenuntergang in der Kastros-Bar zu klassischer Musik, verbrachte den weiteren Abend auf einer kleinen innerstädtischen Piazza und bekam als Höhepunkt die abendliche Mini-Show eines Travestiekünstlers zu sehen. Weiter ging es vielleicht noch in den Pitchen-Club, wo die Barbara Streisand-Danceversion von MEMORY rauf und runter lief“, schwelgt Mark in der Erinnerung. Zum Kulturpflichtprogramm gehörte natürlich auch ein Tagesausflug in die Antike auf Delos. Die Regenbogenfahne war damals noch kein Thema, genauso wenig wie Gran Canaria. Dieser Flecken Erde wurde erst später von der Community entdeckt. „Sylt war eher die deutsche Alternative mit bis zu fünf Schwulenkneipen in den 80er Jahren. Heute finden wir dort leider keine mehr. Für die Community zu teuer, das Wetter zu unbeständig. Dann lieber für wenig Geld nach Gran Canaria und vielleicht auch nach Mykonos, aber das ist der breiten Masse viel zu teuer. War es damals eigentlich auch schon, aber es hatte Flair, Charme und war nicht die Party-Insel, die wir heute kennen“, findet Mark. „Das hört sich alles fast wie eine Vorkriegsberichterstattung an. Nein, es gab keine Outdoorparty-Arenen, keinen Massentourismus, keinen Jet-Set. Aber es war toll. In den Gassen der Stadt kann man die 80er Jahre-Atmosphäre manchmal noch einfangen und für ein, zwei Tage im Rahmen des sogenannten ‚Inselhopping‘ in Erinnerungen schwelgen, was ich gerne tue, aber dann geht die Reise weiter. So hat mein Mykonos-Mythos Bestand und deshalb ist auch dieser Song entstanden.“
Bühnenjubiläum
Gemessen am Mainstream wirkt der neue Song „Ich tanze unterm Regenbogen“ fast brav für die heutige Zeit. Doch gerade das zeichnet ihn aus, der authentische Inhalt hat schnell Ohrwurmqualität und an der Textstelle „Hier kann ich sein wie ich bin“ gibt Mark den Hinweis an die Zuhörer, wie wichtig für ihn persönlich dieser Urlaub damals auf Mykonos war. Endlich frei unter Gleichgesinnten zu sein. Sich nicht mehr zu verstecken. Ein Gefühl, das nur Menschen beim Coming out heute nachvollziehen können. Wenn es die Corona-Beschränkungen bis dahin zulassen, wird Mark Lorenz am 25. Juli 2021 sein 35-jähriges Bühnenjubiläum im großen Saal vom Grünen Baum in der Fürther Altstadt feiern. Außerdem ist eine Gala mit Andy Maine unter dem Motto „Sanduhr des Lebens“ am 19. September 2021 im Restaurant Literaturhaus geplant.
Fotos: Privat
Interview: NK
GAYCON März 2021
Vom Kinderstar zum Profisänger
Der fränkische Schlagersänger Mark Lorenz feierte im April sein 30-jähriges Bühnenjubiläum mit einem (ausverkauften) Jubiläumskonzert im Literaturhaus Nürnberg. Doch schon im Kindesalter wurde der Grundstein für seine spätere Profi-Karriere gelegt. Seit zwanzig Jahren ist Mark mit seinem Lebenspartner Franz zusammen. GAYCON sprach mit ihm über die Gesangsanfänge und sein Coming out im Musikgeschäft.
Im Lauf der Jahre arbeitete Mark mit vielen Musikproduzenten wie Robert Jung, Ralph Siegel, Werner Schüler, Norbert Bayerlein, Uwe Altenried, Ariane Kranz und Marena Avila zusammen. Meilensteine waren u.a. ein Sieg beim ersten gesamtdeutschen Schlagerfestival in Dresden, er hat Deutschland beim Song Contest in Opatija vertreten, er bekam eine Auszeichnung bei der Musikantenparade und war Gewinner zahlreicher Hitparaden im In- und Ausland. Die Musik ist schon immer seine Welt. In Fürth ist er quasi mit dem Deutschen Schlager aufgewachsen. Der Großvater war Konzertgeiger im Nürnberger Opernhaus. „Zu den Sonntagskonzerten sind wir regelmäßig zum Nürnberger Dutzendteich in den damaligen Wanner-Biergarten gefahren. Das Geld war nicht reichlich vorhanden, darum brachten wir das Essen selber mit, was damals nicht unüblich war. Die Musik hat uns vom Alltag abgelenkt“, erinnert sich Mark Lorenz. „Mein Vater war Großhandelskaufmann, meine Mutter hatte bei den Amerikanern gearbeitet. Aufgewachsen bin ich deshalb bei meiner Oma und dort kam ich schon als Kind mit der Schlagermusik in Kontakt.“ Schon frühzeitig erregte das junge Talent Aufsehen mit seiner Stimme. Seine Vorbilder waren Katja Ebstein und Peggy March. So fuhr seine Oma mit dem sieben/achtjährigen „Marco“ zu etwa 50 Nachwuchswettbewerben in der Region Nürnberg, die er oft gewonnen hatte. Die Gaststättenbesitzer wollten damals ihre Gäste nicht nur zur Faschingszeit mit Livemusik unterhalten. Mit zehn Jahren sang er im Kinderchor.
Erster Ruhm als Kinderstar
Mit zwölf Jahren wurde „Marco“ zum Kinderstar. Er gewann den Schlagerwettbewerb mit dem ersten Preis einer Kanada-Tournee. „Das Tanzlokal Pi-Chou und eine Faschingsgesellschaft hatten in allen Zeitungen eine Ausschreibung zum Wettbewerb gebracht. „Ich wollte unbedingt mitmachen und bettelte bei meiner Tante, Oma und Mutter, dass ich mich dort bewerben durfte. Mein Lied ‚Wunder gibt es immer wieder‘ wurde mit einem Live-Orchester, einer tschechischen Band mit acht Mann, musikalisch vertont“, erinnert sich Mark mit glänzenden Augen. „Für die Medien war es etwas Besonderes, dass ein Kind gewonnen hatte. Die Presse kam nach Hause, unsere Familie wurde über die Ausmaße regelrecht überrollt.“ Die Tageszeitungen in der Region titulierten „Kinderstar geboren“. Ein Sponsor mietete ein ganzes Flugzeug für deutsche Künstler und organisierte eine Tournee durch sieben Städte, um die Deutsch-Kanadier mit jeweils einem Nachmittagskonzert zu unterhalten, inklusive Bürgermeister-Empfang für die teilnehmenden Künstler. Der letzte Auftritt fand im Opernhaus von Ottawa vor 1500 Zuschauern statt. Die Nachfrage in den Städten war generell größer, als Zuschauerplätze vorhanden waren. „Ich war mit meinen zwölf Jahren 14 Tage ganz allein von zuhause weg. Nachts bekam ich starkes Heimweh und weinte oft. Ansonsten war ich abgelenkt, weil jeder Tag mit vielen Terminen durchorganisiert war. Oder ich saß im Flugzeug neben ‚Miss Bayern‘ und fand das einfach Wow!“, erzählt Mark von seinen Kindheitserinnerungen. „Zurück in Deutschland wurde ich für Galaabende jedes Wochenende in ganz Süddeutschland gebucht. Als Kinderstar gab ich aus Zeitmangel allerdings keine Hausaufgaben in der Schule ab. So wurden meine Noten schlechter, ich konnte meinen Studientraum als Tierarzt nicht weiterverfolgen.“
Der Schritt zum Profisänger
Die Eltern förderten eine zweijährige klassische Gesangsausbildung als Privatschüler. Um Bewegungsablauf und Stimm- und Atemtechnik zu lernen. Dem Kinderstar Marco wurde die Operette empfohlen. Doch die Liebe zu Chanson und Schlager war einfach stärker. Seine erste Single-Schallplatte wurde in einem Studio in der Nürnberger Kongresshalle aufgenommen. Im Stimmbruch riet die Lehrerin zum Weitersingen. Während die Oma überzeugt war, dass Marco seinen Weg geht, wünschten sich die Eltern noch eine klassische Berufsausbildung. Der gelernte Einzelhandelskaufmann blieb dann auch dreizehn Jahre bei seinem Lehrherrn, einem Musikladen in Nürnberg. Doch in der ganzen Zeit lief auf dem zweiten Gleis die Gesangskarriere. „Das Paradies Revue Theater meldete sich bei mir. Anfangs hatte ich Zweifel, ob ich überhaupt dort reinpasste. Aber genau der Gegensatz in den Shows war gewollt. Es gab drei Vorstellungen pro Abend und während die Travestiekünstler sich tagsüber ausschlafen konnten, war ich schon wieder im Musikladen arbeiten“, beschreibt Mark die wilden Jahre. „So konnte es nicht weitergehen. Ich musste mich entscheiden. Entweder im bürgerlichen Beruf weiterarbeiten oder den Schritt zum Profisänger wagen. Komponist und Texter Günther Behrle nahm mich unter Plattenvertrag. Ab hier wurde aus dem einstigen Marco vor 30 Jahren der heutige Mark Lorenz.“ Die Plattenfirma war begeistert. Die im Tonstudio in Regensburg produzierten Singles verkauften sich jeweils 20.000 Mal. Für damalige Zeiten ein hoher Wert. Danach ging es Schlag auf Schlag. Eine österreichische Plattenfirma wollte Mark als exklusiven Künstler. Fünf Jahre war er somit auf vielen alpenländischen Festivals vertreten und im ORF Fernsehen mit seiner ersten CD dabei. „Ich war sehr präsent in Österreich und habe gleichzeitig bemerkt, dass mein eigenes Land, meine Heimat Deutschland, mich so langsam vergisst. Deshalb wollte ich zurück. Insgesamt ging die Arbeit immer nahtlos weiter und die Produzenten hatten gerade die passenden Lieder für mich“, beschreibt Mark seine Anfangszeit. „Aktuell habe ich seit einem Jahr eine neue Produzentin. Meine Musik geht nun in Richtung Pop-Schlager. Es macht mir viel Spaß, es ist der richtige Weg. Meine Texte sollen etwas aussagen über Beziehungen im Leben.“
Kein Verstecken mehr
Die Zuneigung zu Männern war bei Mark schon seit der Pubertät tief verwurzelt. Doch wegen Bedenken über Nachteile im Showgeschäft konnte er lange nicht öffentlich dazu stehen. Diese Seite wurde lange Zeit verdrängt und nur im privaten Bereich gelebt. „Hanne Haller wollte mit mir mal eine Platte ohne Geheimnisse machen. Doch ich hatte damals noch nicht den Mut, mein Schwulsein zuzugeben. Es war noch eine andere Zeit und ich dachte, dies wäre dann ein Nachteil für mich als Profisänger. Ich war damals viel in Discotheken unterwegs und hatte eine andere Fassade aufgebaut gehabt“, betont Mark. „Wir wohnten in einer konservativen Gegend, gleichzeitig war ich ein sehr behütetes Kind und konnte so nicht die Erfahrungen sammeln wie andere in meinem Alter.“ Seinen ersten Freund lernte er mit 16 Jahren über einen Veranstalter kennen. Als Mark bei ihm in Herzogenaurach übernachtete, konnte er seine Sehnsüchte nach Kuscheln und Schmusen zum ersten Mal ausleben. „Heute sind Schwule und Lesben überall, auch im Sport, offen vertreten. Überraschenderweise gehen meine älteren Fans oft problemloser damit um als jüngere. Die Fan-Clubs wissen Bescheid und sind aufgeschlossen für das Thema. Das erlebe ich auf den Fanreisen und dafür bin ich dankbar“, strahlt Mark, der viele Freunde und viele Künstlerkollegen in den 80er Jahren AIDS-bedingt verloren hatte.
Vor zwanzig Jahren lernte Mark seinen Lebenspartner Franz in München kennen. In dem Szenelokal „Heaven“ war ein Event mit Mark als Stargast am Laufen. „Franz kam damals mit Freunden als Zuschauer und wollte sich über die Schlager-Veranstaltung eigentlich eher nur lustig machen. Doch ihre Meinung änderte sich schnell ins Gegenteil. Mir fiel sofort sein gutgebauter Oberkörper mit dem Muskelshirt positiv auf“, grinst Mark. „Nach der Show beim Essen kam ein Autogrammwunsch eines Freundes mit Widmung für Franz. So lernten wir uns kennen und bei einem Glas Prosecco habe ich mich in Franz total verknallt.“ Seit ein paar Jahren agiert Franz als Marks Manager. Die Zeiten des Versteckens waren auch schnell vorbei. Schon 1997 trat Mark als Sänger auf der CSD München Bühne am Marienplatz vor 30.000 Zuschauern auf und empfand es als tolle Erfahrung, weil die vielen unterschiedlichen Menschen alle textsicher mitgesungen hatten. „Ich verstecke mich nicht und bin nicht duckmäuserig. Allerdings gibt es konservative Strukturen in der Medienbranche, wo ich weiß, dass sie immer noch Vorurteile haben. Sie sind nur durch das eigene Können zu überzeugen“, bemerkt Mark nachdenklich. „Doch heute habe ich die Eier, dazu zu stehen.“
Foto/ Text Norbert Kiesewetter
Fotos Privat Mark Lorenz
GAYCON April 2016
Bühnenjubiläum
Der fränkische Schlagersänger Mark Lorenz feierte am 10. April 2016 sein 30-jähriges Bühnenjubiläum mit einem Jubiläumskonzert im Literaturhaus Nürnberg. Die Karten waren bereits im Vorfeld bis auf den letzten Platz ausverkauft (deshalb gab es auf GAYCON keinen Programmhinweis). Ministerpräsident a.D. Günther Beckstein kam persönlich, um seine Glückwünsche auszusprechen - von Horst Seehofer brachte er die Gratulation schriftlich mit. MdB Dagmar Wöhrl hielt die Laudatio. In mehreren Programmblöcken stand nicht nur Mark, teils mit Band, auf der Bühne. Aus unserer Szene wirkten Gert und Heinz in einer Nostalgie Show mit. Marks persönlicher Stargast Heidi Stroh, Filmschauspielerin (Tatort, Der Kommissar u.v.m.) und stimmgewaltige Sängerin, kam per Flugzeug aus Italien in die Noris. Neben seinen bekannten Liedern stellte Mark auch seine neue Stilrichtung Pop-Schlager vor. Anders als bei seinen bisherigen eher braven Liedern hielt es zu „Dein Ti amo“ mit Bandbegleitung die zahlreichen Fans nicht mehr auf den Plätzen, sie tanzten zu späterer Stunde ausgelassen vor der Bühne mit. Doch nicht nur akustisch war das Programm ein Genuss, auch kulinarisch wurden die Gäste mit Kaffee und Torten sowie einem opulenten Drei-Gänge-Menü verwöhnt. Zu unserem ausführlichen Interview mit dem fränkischen Star und der Bildergalerie der Jubiläumsfeier geht es hier.