Chronologisch von oben nach unten: Outing am Arbeitsplatz?, Starker Start, Gemeinsam Stark (2019)
Outing am Arbeitsplatz?
Hitzige Diskussion beim ersten Austausch-Treffen der LSBTI-Unternehmer & Selbständigen Gruppe mit der queeren Jugendinitiative am dritten Juni-Dienstag im Fliederlich-Zentrum. Trotz heißen Sommerwetters zeigten rund 30 Personen aus der Region Interesse. Grundsätzlich ließ sich erkennen, dass Probleme der queeren Jugendlichen in der Arbeitswelt sich kaum von denen heterosexueller Altersgenossen unterscheiden. Hauptsächlich in einem Punkt: Heteros machen sich keine Gedanken darüber, ob sie von ihrem Freund oder ihrer Freundin erzählen. GAYCON war bei der Diskussionsrunde dabei.
Lesbisch, schwul, bi-, trans- oder intersexuell, um Ausgrenzung zu vermeiden in heutiger Zeit mit dem Überbegriff queer bezeichnet, ist auch in der Arbeitswelt, im Studium oder in der Ausbildungszeit ein nicht zu unterschätzendes Thema. 50 Jahre nach dem Aufstand der damaligen queeren Community in der New Yorker Christopher-Street stellen sich die betroffenen Menschen auch heute immer noch die Frage: Oute ich mich am Arbeitsplatz? Oder spiele ich ein Doppelleben vor? Oft überwiegt die Angst vor Konsequenzen wie Mobbing unter Kollegen. Nach Erfahrungsberichten sind das aber meistens Gedankenblasen, die sich jede queere Person vorher selber erschafft. Denn die Zeiten haben sich spürbar geändert. „In meiner Ausbildung zum Maschinenschlosser 1964 habe ich lieber geschwiegen, sonst wäre ich bei den Kerlen untergegangen. Einige hatten im Betrieb versucht, mich zu mobben. Aber es kommt darauf an, wie man sich gibt und seinen Standpunkt vertritt“, berichtet Heinz Röttenbacher. Eine andere Erfahrung hat Arno Seitzinger: „Ich war vor längerer Zeit in einer Autoschrauber-Clique und dort als schwuler Mann anerkannt. Als junger Ingenieur bekam ich zur Weihnachtsfeier des Betriebes die Einladung, den Ehepartner mitzubringen. Ich forderte, dass mein Verlobter mitkommen kann. Es war kein Problem!“ Mit Lebenserfahrung im reiferen Alter steigt das Selbstbewusstsein. Wie sieht es aber bei den jungen Erwachsenen aus? Meinungen aus der Diskussionsrunde wie etwa - Meine Sexualität spielt im Beruf keine Rolle, es geht niemand etwas an, mit wem ich zusammen bin. - Schön wäre, wenn das Thema akzeptiert wird. Darauf achten zu müssen, was man versehentlich sagt, das wäre ja furchtbar. - Ich habe mein Studium nicht gewählt, weil ich queer bin. Aber später möchte ich die Möglichkeit haben, mich zu präsentieren wie ich bin. - oder - Wichtig ist aus der Mitleidsrolle rauszukommen. Wenn man selber offen ist, ist es auch für andere besser. - Je länger man wartet, desto mehr Probleme hat man, sein Outing umzusetzen - zeigen, wie differenziert, vorsichtig und unsicher das Thema auch heute noch angegangen wird.
Frauenquote
An diesem heißen Sommernachmittag dachte sich Friseurmeister Marcel Schneider auch nicht viel dabei, das Thema Frauenquote in den Diskussionsring zu werfen. Er schätzte, fünf Minuten würden für entsprechende Wortbeiträge reichen. Ganz im Gegenteil! Die hitzige und mit den meisten Aussagen bereicherte Debatte sollte zum Hauptmotto werden. Ausgewogen in Pro und Contra, doch übereinstimmend in der Forderung, dass die Qualifikation an erster Stelle stehen muss. Hier ein paar Aussagen aus der Diskussionsrunde wie - Ein gefühlter Männerüberschuss, Männercliquen, männergemachte Grenzen verhindern Frauen in Berufen. - Chefs sind meistens Männer. - Es ist schwierig, die alte Arbeitsstelle wieder aufzunehmen, denn die Kinderpause bedeutet Fehlzeit in einer sich rasant verändernden Berufswelt. Das wiederum verhindert Aufstiegschancen. - Das Thema Frauenquote wird oft an Männer gestellt. - oder - Richtig wäre es, wenn sich Frauen auch für technische Berufe interessieren - zeigen das Spektrum an Gedankengängen. „Für Mitarbeiter in der Elternzeit Stellen frei zu halten ist unwirtschaftlich und teuer. Denn gutes Personal ist schwierig zu ersetzen. Es können ja nur befristete Stellen ersatzweise geschaffen werden“, betont Seitzinger. „Außerdem ist mir persönlich aufgefallen, dass Männer als Team zusammen arbeiten, Frauen oft gegeneinander. Frauen und Männer sollten aber gemeinsam für das Unternehmen arbeiten.“ Die Idee, LSBTI Selbständige und Unternehmer mit der queeren Jugendinitiative an einen Tisch zu bringen, war ein voller Erfolg. „Den offenen respektvollen Umgang untereinander fand ich Klasse“, betont Gruppensprecher und Unternehmer Marcel Schneider, der die Runde moderierte. Nicht alle Themen konnten aus zeitlichen Gründen besprochen werden. Deshalb werden weitere, vielleicht sogar regelmäßige, Treffen folgen.
Foto/ Text Norbert Kiesewetter
GAYCON Juni 2019
Starker Start!
Erfolgreiche Premiere: Am zweiten Märzmittwoch fanden sich sechzehn Teilnehmer unterschiedlichster Branchen beim ersten Treffen der LSBTI-Unternehmer & Selbständigen in der Fränkischen Weinstube im Nürnberger Handwerkerhof ein. Die Teilnehmerzahl wäre noch höher gewesen, doch einige Interessenten konnten wegen Krankheit nicht kommen. Initiator Friseurmeister Marcel Schneider zeigte sich überrascht von dem großen Zuspruch und berichtete, dass es in seinem Umfeld Wetten gab, dass niemand zum Treffen erscheinen würde! Einzelhandel und Handwerk waren am stärksten vertreten, mit Selbständigen zahlreicher Branchen wie Schornsteinfegermeister, Steinmetzmeister, Goldschmiedemeisterin, Hausverwalter, Schlosser-Obermeister, Psychologin, Rechtsanwalt, Designberater, Fotograf und Journalist. Ein Florist, eine Sängerin und ein Gastronom waren verhindert. Wie es sich Organisator Marcel gewünscht hatte, kamen alle aus Franken, von Nürnberg über Schwabach, Rednitzhembach, Feucht und Bamberg. In einer ersten Diskussion wurde die Option einer eigenen Verbands- oder Vereinsgründung vorerst als nicht zweckmäßig empfunden. Ebenso war die Überlegung, die Nürnberger Regionalgruppe des Völklinger Kreises neu zu beleben, sofort wieder vom Tisch. Wichtig ist nämlich unter anderem die Offenheit auch für Lesben und alle LSBTIs, sowie auch für Mitarbeiter von Unternehmen. Außerdem gibt es in Nürnberg eine bewährte Institution für alle queeren Belange. Deshalb soll nun unter dem Dach des seit über vierzig Jahren etablierten Vereins Fliederlich e.V. eine entsprechende Gruppe initiiert werden. Der Kontakt zum frisch gewählten Vereinsvorstand wurde bereits aufgenommen. Schon das zweite Treffen wird in den Fliederlich-Räumen stattfinden. Erste Zielsetzung für das weitere gegenseitige Kennenlernen und die Vernetzung sind gemeinsame Firmenbesichtigungen, Kulturabende, Aktionen für mehr Sichtbarkeit wie etwa ein Außenauftritt beim CSD. Wichtig ist es, gemeinsam stark zu sein. „Es wird immer so getan, als wäre unsere Community Bittsteller für alles Mögliche, aber in Wahrheit sind wir eine enorme Wirtschaftskraft mit einer überdurchschnittlichen Leistung für diese Gesellschaft. Das werden wir künftig auch selbstbewusst zeigen. Ich möchte, dass wir uns in vielen Belangen gegenseitig helfen und unterstützen“, betont Marcel. Es gibt zwar die sozialen Medien, aber dadurch geht der persönliche Kontakt verloren, deshalb wird es in unserer neuen Gemeinschaft regelmäßige Treffen und Aktionen geben. Erste Rückmeldungen waren sehr positiv!
+++ Das nächste Treffen der LSBTI – Unternehmer & Selbständigen findet am Montag den 15. April 2019 um 19:30 Uhr im Fliederlich-Zentrum (Sandstr. 1) statt. +++
Kontakt an Organisator Marcel Schneider: info@by-marcel.de
NK/ GAYCON März 2019
Gemeinsam stark
Für mehr Sichtbarkeit, Stärke und gemeinsames Auftreten in der Gesellschaft! Friseurmeister Marcel Schneider will seine Idee eines Verbandes von LSBTI – Unternehmern und Selbständigen für die Region Franken nun in die Tat umsetzen. Sein Erfahrungsschatz als langjähriger Vorsitzender sowie Organisationsleiter des Gewerbevereins Rednitzhembach zeigt, dass gerade erst durch die Vereinigung Stärke entsteht. Das möchte er nun für die Community nutzen.
„Die Idee habe ich schon viel länger. Ausschlaggebend ist die steigende europaweite Homophobie. Und dann wurde unsere Nürnberger Gedenkstele für die homosexuellen Opfer des Nazi-Regimes beschmiert. Ein gemeinsames Auftreten in der Gesellschaft ist jetzt wichtig, um die Menschen aufzuklären. Viele LSBTI (lesbisch, schwul, bi-, trans, intersexuelle) Unternehmer und Selbständige leisten ihren Beitrag zum Bruttosozialprodukt und geben dem gesellschaftlichen Leben mit ihrer Arbeit etwas zurück“, betont Marcel. „Neben Austausch und gegenseitiger Hilfestellung ist mir auch das gemeinsame sichtbare Auftreten wichtig. Institutionen wie der CSD Nürnberg als auch die AIDS-Hilfe sollen unterstützt werden. Auch der Blick über den Tellerrand hinaus ist wichtig, denn gerade im Ostblock ist die Situation für die Community noch sehr schwierig.“
Erstes Treffen im März
Angedacht sei ein Interessenverband und keine politische Vereinigung. Die Treffen sollen kein Zwang darstellen. Ziel ist ein loses Zusammensein einmal im Monat mit offener Diskussion. Es kann auch Vorträge und gemeinsame Feiern geben. Erste Fühler wurden ausgestreckt und positive Rückmeldungen sind bereits angekommen. „Ich bin dankbar für jede neue Erfahrung. Sollte sich jedoch herausstellen, dass kein dauerhaftes Interesse besteht, dann ist das eben so“, meint Marcel, der in dieser Sache nichts erzwingen will. Doch es gibt in der heutigen Zeit, fünfzig Jahre nach den Stonewall Aufständen in New York, an die jedes Jahr die CSDs in Deutschland und die Prides in der Welt erinnern, immer noch viele aus unserer Community, die nicht öffentlich zu sich selbst stehen. Gerade in der Berufswelt, sowohl angestellte Mitarbeiter als auch Leute in den oberen Chefetagen im Wirtschaftsleben, verstecken sich noch viele aus Angst vor beruflichen Konsequenzen. Zeit das zu ändern! Dabei steigt sogar die Akzeptanz in der Bevölkerung bei mehr Sichtbarkeit. So sorgt dieser geplante Verband auch für mehr Selbstbewusstsein der Beteiligten durch gemeinsames Auftreten. Während der Völklinger Kreis ein bundesweites Netzwerk für schwule Führungskräfte und Selbständige ist und auch als Berufsverband fungiert, will Marcel die gesamte LSBTI-Wirtschaft ansprechen. Egal ob Arbeitgeber, Handwerker, Rechtsanwälte, Unternehmer, Gastronomen, Therapeuten oder Künstler. Jeder ist erwünscht und eingeladen, zum ersten Treffen am Mittwoch den 13. März 2019 um 19:30 Uhr in der Fränkischen Weinstube im Handwerkerhof (Haus Nr. 5) vorbeizukommen.
Kontakt an Organisator Marcel Schneider: info@by-marcel.de
NK/ GAYCON Februar 2019