Chronologisch von oben nach unten: Jubiläum & Rabatt-Aktion (2019), Ein Leben zwischen Delikatessen & edlen Tröpfchen (2014)
Jubiläum & Rabatt-Aktion
Es hat sich viel getan in den letzten fünf Jahren. Eduard Stöber residiert mit seinem Fachgeschäft ‚Vom Fass‘ seit drei Jahren an prominenter Stelle in der Königstraße, quasi direkt neben der Lorenzkirche. Der neue Laden ist größer, modern eingerichtet und bietet mehr Möglichkeiten wie etwa den Platz für Veranstaltungen aller Art. Der Clou ist dabei die versteckte Dachterrasse im Innenhof. Seit 25 Jahren gibt es das Fachgeschäft in Nürnberg. Seit 15 Jahren hat Eddy die Geschäftsleitung. Dieses Jubiläum möchte er mit einer Rabatt-Aktion für unsere GAYCON Fans feiern: 25 Tage lang gibt's 15 Prozent, ab 18. Oktober 2019.
Rund 40 vorrätige Sorten an Essig & Ölen, 60 verschiedene Liköre, 20 Sorten Obstbrände, 20 Rum- und Whisky-Destillate sowie ein Feinkost-Sortiment, welches zum Teil in der ‚Vom Fass‘ Zentrale exklusiv hergestellt wird und nicht überall im Handel erhältlich ist. Als Experte für Weine bietet Eddy 80 verschiedene Rebensäfte aus italienischer, deutscher, französischer und spanischer Herkunft, die zu 90 Prozent das ganze Jahr vorrätig sind. Mit dem günstigsten für vier Euro bis zum edlen Tropfen für 180 Euro kann Eduard die Kunden zufrieden stellen. Während andere im Handel erst jetzt auf den Umwelt-Zug aufspringen, war das Thema Abfallvermeidung schon immer die Grundidee der Ladenkette. Fast das gesamte Sortiment wird für die Kundschaft in Glasflaschen abgefüllt. Die leeren gespülten Flaschen können dauerhaft wieder verwendet und neu aufgefüllt werden. Eben vom Fass. Während der stationäre Einzelhandel einen Wandel hin zum Online-Shopping erlebt, kann Eduard mit ganz anderen Erfahrungen aufwarten. „Bei uns informieren sich die Kunden im Online-Shop und kommen anschließend in den Laden, um die Produkte zu kaufen. Viele wollen erst riechen, sehen und schmecken. Etliche zeigen mit dem Handy das Produktbild, manche haben sogar extra Ausdrucke dabei. Einzelne Kunden muss ich vertrösten, weil wir nicht alle 600 Weine aus dem Online-Shop vorrätig haben können. Die Kunden reagieren aber flexibel“, lacht Eduard. „Leider geht es aus technischen Gründen seitens der Zentrale nicht, dass die Ware im Internet gekauft und im Laden portofrei abgeholt werden kann. Diese Idee hatte ich schon vor fünf Jahren eingebracht.“
Für queere Events bereit
Sein Wunsch, als Selbständiger irgendwann zusätzliche freie Tage genießen zu können, hat sich noch nicht erfüllt. Zwar zieht der neue Ladenstandort mehr Stammkunden und Touristen an, doch auch Investitionen und Miete sind hier verständlicherweise höher als damals an der Mauthalle. „Eine Größenordnung im Umsatz, um zwei Vollzeitkräfte bezahlen zu können, hat sich noch nicht erfüllt. Inzwischen kann ich wieder besser schlafen, denn alle Stammkunden haben sich nun endlich an den neuen Standort gewöhnt. Ich habe auch noch nie verstanden, dass die Einzelhandelsbranche vorzugsweise Hilfskräfte für 450 Euro dauerhaft einstellt. Ich sehe als Folge einen Wissensverlust für jeden einzelnen Laden. Voll- und Teilzeitarbeitskräfte sind viel besser für die Kenntnisse des Sortiments zu begeistern und in der Arbeitszeit leichter einzuteilen“, betont der Arbeitgeber, der nur saisonbedingt auf Hilfskräfte zurückgreift. „Aber vielleicht klappt in etwa zwei Jahren mein persönlicher Plan zur Arbeitszeit-Reduzierung mit Einstellung von Halbtagskräften.“ Auch das Thema Homosexualität ist natürlich in seinem Arbeitsleben präsent, besonders wenn er mit seinen Mitarbeiter darüber diskutiert, die auch türkische oder irakische Wurzeln haben. Da gibt es dann manchmal Meinungen, dass es „keine“ schwulen Männer in deren Ländern gäbe. Dass diese sich jedoch nur aus Angst vor Ausgrenzung oder Verfolgung nicht öffentlich zeigen, können manche dann nur schwer begreifen. „In 50 Jahren seit Stonewall ist viel erreicht worden. Das Leben ist freier, öffentlicher und die Homosexualität wird mehr anerkannt. In Nürnberg interessiert es fast keinen mehr, ob man schwul ist. Wenn man aber über die Staatsgrenzen schaut, gibt es noch viel zu tun“, betont Eduard. „Für queere Events aller Art stelle ich mein Ladengeschäft mit der Dachterrassennutzung gerne zu Verfügung. Ich bin für alle Schandtaten bereit.“ Ab acht bis maximal 20 Personen für Verkostungen im Geschäft nach Ladenschluss oder maximal 60 Leute bei schönem Wetter auf der Dachterrasse in der obersten Etage mit Blick auf den Innenhof, inklusive Aussicht auf die Türme der Lorenzkirche, sind möglich. Eine geschlossene Veranstaltung kann man sogar am Sonntag durchführen. Die Kulinarik-Tour im Rahmenprogramm des Nürnberger CSD war hier beispielsweise schon zu Gast.
Rabatt Aktion: 15 Prozent für 25 Tage
Als besondere Anerkennung für das Interesse unserer GAYCON Leserschaft bedankt sich Eddy mit einem Jubiläums-Nachlass von 15 Prozent, weil er 15 Jahre Chef im 'Vom Fass' Nürnberg ist. Welche Person ihm kundtut, dass sie diesen Bericht gelesen hat, sei es nun durch Vorzeigen des Artikels auf dem Smartphone oder einfach nur durch einen verbalen Hinweis, bekommt auf den gesamten Einkauf 15 Prozent Rabatt. Genau 25 Tage lang symbolisch für insgesamt 25 Jahre Firmenstandort in Nürnberg! Der Aktionszeitraum ist vom Freitag 18. Oktober bis Samstag 16. November 2019. Nur persönlich im Fachgeschäft „Vom Fass“ (Königstraße 25 – 27) direkt an der Lorenzkirche. (Nicht im Online-Shop).
+++ Öffnungszeiten: Mo - Fr 09:30 Uhr - 19:00 Uhr // Sa - 09:30 Uhr - 18:00 Uhr +++
Text/ Fotos: Norbert Kiesewetter
GAYCON Oktober 2019
Ein Leben zwischen Delikatessen und edlen Tröpfchen
Im altehrwürdigen Sandsteingemäuer der Mauthalle wird derzeit ein Doppeljubiläum gefeiert. 20 Jahre „Vom Fass“ Nürnberg sowie 10 Jahre Geschäftsleitung durch Eduard Stöber (55). In der nördlichen Geschäftszeile des ehemaligen Kornspeichers, an der kleinen Straße gegenüber des Kaufhofs, ist der Ladeneingang leicht zu finden. Das große Holzfass steht als Erkennungszeichen immer vor der Tür. Eigentlich hatte Eduard einen ganz anderen Beruf erlernt und wollte sich auch nicht fürs Leben festlegen, bevor er hier zum Chef wurde. Bereitwillig unterstützt er die Nürnberger Szene beispielsweise bei Tombolas und freut sich auf weitere Jahre mit seinem eingespielten Ladenteam.
Vor über zehn Jahren kam Eduard Stöber als Kunde in das Spezialitäten-Geschäft, das heute ihm gehört. Er war damals mit einer Unternehmensberatung selbständig. „Ich wollte im Vom Fass Wein für mich kaufen. Doch die Verkäufer waren nicht motiviert, weil sie Aushilfen aus der Zentrale und ohne Kompetenzen waren. Der Laden hatte kaum Sortiment, weil ein Chef gefehlt hat. Deshalb wollte ich die Vom Fass - Zentrale beraten und nahm Kontakt auf“, erinnert sich Eduard, der damals einen Auftrag witterte. „Ich war wegen meines ausgeprägten Sicherheitsbedürfnisses und der permanenten Kunden-Aquise sowieso genervt. Weil außerdem der Reiz, einen heruntergewirtschafteten Laden wieder auf die Beine zu bringen, in der Luft lag, fiel das Angebot der Zentrale auf fruchtbaren Boden: Wollen Sie den Laden nicht selbst machen?“ So konnte sich der einstige Unternehmensberater seit 15. September 2004 in der Praxis selbst beweisen. Nach dem Austausch der Einrichtung und einer Inventur wurde zunächst der Warenbestand ordentlich erweitert. Dann investierte Eduard in Werbung, um das neue Image auch den Kunden zu vermitteln. „Zwei Jahre habe ich gebraucht, um ein neues Kundenvertrauen aufzubauen. Heute bringe ich meinen Mitarbeitern bei, verantwortungsvolle Entscheidungen im Tagesgeschäft auch ohne Chef-Rückfrage zu treffen.“
Männer mit BH
Seine Kindheit hat Eduard im Haus neben dem heutigen Paradies Revue Theater verbracht. Schon vor der Nutzung als Theater waren Auftritte von Travestiekünstlern im damaligen Nachtclub Paradies üblich. „Perücken und BHs wurden auf dem hofseitigen Balkon zum Trocknen aufgehängt. Männer in Frauenkleidern, die mir über den Weg liefen, waren für mich als Kind faszinierend“, erinnert sich Eduard. Schon früh spürte er den Hang zum eigenen Geschlecht, fand diesbezüglich mehr Gefallen an seinem Cousin als an Mädchen. Mit denen spielte er lieber und fand in keine Jungenclique, obwohl er sich mit seinen Klassenkameraden gut verstand. „Meine Eltern hatten am Aufseßplatz eine Metzgerei. Während ich schon als Kind in die Welt hinaus wollte, hatte mein Vater sogar das Angebot aus Las Vegas sausen lassen, dort eine deutsche Metzgerei zu eröffnen. Ihn hättest du nie von hier fort gebracht, nicht einmal bis nach Fürth!“ Im Alter von 15 Jahren entschied sich Eduard für eine Kochausbildung im Grand Hotel. Ein heutzutage übliches Praktikum gab es noch nicht, so daß er keine Ahnung hatte, was ihn erwartete. „Es war schrecklich! Besonders der schreiende Küchenchef, der mich als Wichser bezeichnete. Zuerst wusste ich nicht, was er damit meint. Als ich es begriff, fühlte ich mich irgendwie bei dem ertappt, was ich nachts so mache“, amüsiert sich Eduard heute darüber. Doch wegen seiner Eltern hätte er nie die Ausbildung abgebrochen. „Für mich war es trotzdem der richtige Beruf. Ich wollte ja nie so ein langweiliges Leben wie meine Eltern führen. In der Gastronomie interessiert es keinen, ob du schwarz, gelb oder schwul bist. Das wurde meine neue Familie und wir halfen uns gegenseitig durch den Tag.“ Insgesamt 25 Jahre blieb Eduard in der Branche. Von Nürnberg ging er nach Wiesbaden, in die Schweiz und auch nach England. Für kurze Zeit übernahm er die familiäre Hauswirtschaft bei Graf Faber Castell. Mit 27 Jahren machte er eine zweite Ausbildung zum Konditor im Café Hindenburg in Speyer mit Meisterprüfung in Heidelberg. Seinen Wunsch nach einem eigenen Café hat er sich in all den Jahren aber nie erfüllt, schulte schließlich um zum selbständigen Unternehmensberater.
Coming out - Brief
Seine Eltern wussten lange nicht über Eduards Gefühle für Männer Bescheid. Das Thema Sex war zu dieser Zeit ohnehin in vielen Familien ein Tabu. „Am 11. Januar 1983 um 16:00 Uhr an der roten Ampel am Westausgang des Nürnberger Hauptbahnhofes sprach mich mein späterer Lebenspartner Ulrich an. Wir schauten uns tief in die Augen“, erinnert sich Eduard an sein Kennenlernen ganz ohne Internetdating. „Wir verabredeten uns für den Abend. So musste ich meinen Eltern vorher beibringen, dass ich wahrscheinlich erst am nächsten Morgen heimkommen würde. Also schrieb ich ihnen einen Coming out - Brief, auch auf die Gefahr hin, dass sie mich rausschmeißen.“ Im großen Familiengespräch nach dem Ball zeigte sein Vater viel Verständnis und hat Eduard in seiner Situation sehr damit geholfen. Seine Stiefmutter brauchte dagegen ein Jahr, um die Nachricht zu verdauen. Seine leibliche Mutter verlor Eduard bereits im Alter von zwei Jahren. Mit enormer Ablehnung reagierte der Schwiegervater. Der fand seinen schwulen Sohn „scheiße“. Die Antipatie ging so weit, dass die Familien-Gärtnerei deshalb dem anderen Sohn übergeben wurde, der sie dann allerdings runterwirtschaftete. Doch Eduard und seine Ampel-Bekanntschaft blieben 25 Jahre zusammen. Nach etlichen beruflich bedingten Wohnortwechseln kamen sie zurück nach Franken. „In den Jahren fand eine kontroverse Entwicklung statt. Es gab mehr Trennendes als Verbindendes und das führte zum Bruch der Beziehung“, erzählt Eduard über das Scheitern nach so vielen gemeinsamen Jahren inklusive zweijähriger Scheidungszeit. Heute lebt er allein und genießt diese neue Freiheit. „Wenn sich etwas ergibt, dann ist es gut so, und wenn nicht, dann eben nicht. Völlig easy!“
Foto/ Text Norbert Kiesewetter
2. Foto Privat
GAYCON September 2014