Podium
Diskussion zur CSD-Motto-Kampagne „Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!“
Rund 50 Gäste verfolgten die Podiumsdiskussion im Marmorsaal des Nürnberger Presseclubs am zweiten Juni-Dienstag. Als Moderator führte Markus Apel (LSVD Bayern) durch den Abend. Gäste auf dem Podium (in Reihenfolge der Vorstellung) waren Gabi Schmidt (Stv. Fraktionsvorsitzende Freie Wähler), Matthias Dornhuber (Stv. Vorsitzender der Bayern SPD), Birgit Wegener (Kreisvorsitzende FDP Nürnberg), Florian Siekmann (Stv. Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/ Die Grünen) und Karl Freller (1. Vizepräsident des Bayerischen Landtags/ CSU). Hintergrund: Bayern ist das einzige Bundesland, welches bisher keinen queeren Aktionsplan vorzuweisen und keine Maßnahmen ergriffen hat, um die rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz von LGBTQIA* auf allen Ebenen zu fördern. Darum haben sich aktuell im Landtagswahljahr 20 bayerische CSDs, Amberg, Bamberg, Bayreuth, Cham, Coburg, Eichstätt, Erlangen, Haßfurt (Haßberge), Ingolstadt, Kaufbeuren (Allgäu), Kelheim, Landshut, München, Nürnberg, Passau, Regensburg, Schwabach, Schwandorf, Straubing und Weiden unter dem gemeinsamen Motto: „Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!“ zusammengeschlossen. Damit zeigt die queere Community deutliche Sichtbarkeit zu diesem Missstand und möchte die Politik in Bewegung bringen.
Einigkeit herrschte bei der Handabstimmung am Podium, dass es einen Aktionsplan geben muss. „Ein Meinungswandel hat stattgefunden. Vor 30 Jahren haben wir anders gedacht“, meint Karl Freller, auf die Frage, warum es noch keinen Aktionsplan gibt. „Der Plan ist wichtig. Schlimm finde ich die Übergriffe auf queere Menschen. Da müssen wir etwas für den Schutz tun. Als Schirmherr von zehn Bayerischen CSDs 2022 habe ich viel Erfahrung gesammelt“. Moderator Markus Apel ergänzte, der Meinungswandel kam auch durch die Überzeugungsarbeit von der Zivilgesellschaft.
„Im Bundesaktionsplan ‚Queer Leben‘ geht es um Rechte ändern und Reformen als Bausteine, was überfällig ist. Landesaktionspläne sind trotzdem wichtig, weil in den Bundesländern Bildung, Verwaltung und Sicherheit verankert sind“, beschreibt Florian Siekmann den Unterschied. Manche Bundesländer hätten inzwischen ein Jahrzehnt an Vorsprung zu Bayern mit einem Aktionsplan. Es ginge auch um Charakter und Haltung. Oder Stimmenfang mit der Drag-Lesung in München. Da sei die politische Versuchung groß, Tiraden loszutreten, welches mediale Kreise ziehe, wo aber wieder alles in die Tonne getreten werde. Das Schulsystem sei ein träger Tanker. Schulprojekte wären schneller, als Seminare für die tausende Lehrkörper umzusetzen.
Gabi Schmidt betonte: “Viele dieser Ablehnungen kommen vor einer seltsamen Erziehung und Ängsten. Wir müssen in der Schule anfangen mit der Aufklärung.“
„Eine politische befeuerte angebliche Spaltung der Bevölkerung ist nach aktuellen Umfragen nicht vorhanden. Denn 62 % Bayerns sind für die Community. Das Volk ist weiter als die politischen Parteien“, betont Matthias Dornhuber. „Es braucht auch Gewalt-Prävention am Land und nicht nur in der Stadt.“ Er fordert queere Ansprechpartner bei Polizei und Staatsanwaltschaft.
Beim Thema Queere Geflüchtete zeigte sich Birgit Wegener schockiert: „Es braucht geschützte Bereiche. Viele dieser Bereiche sind aktuell wegen der hohen Zahl an Flüchtlingen insgesamt teilweise weggefallen. Hier ist die Lobby nicht groß genug“. Emotionale Wortbeiträge aus dem Publikum folgten u.a. zu Themen wie Queere Menschen in Altersheimen, als LSBTIQ* nicht ernst genommen werden von Mitarbeitenden der Polizei, oder Gefahr von rechtsradikalem Gedankengut bei Mitarbeitenden in Kindergärten, Polizei und Altersheimen. Geschildert wurde ein Fall bezüglich des Transsexuellen-Gesetzes mit Ablehnung von der Krankenkasse. Emotionale Stimmung auch bei der Darstellung der gerichtlichen Einstellung bezüglich einer queerfeindlichen Gewalt auf eine Transperson mit Behinderung, obwohl der Täter drohte, weiterhin gegen diese Personengruppen vorgehen zu wollen. Die Publikumsrunde ergänzte den Abend und verdeutlichte, wie wichtig ein Aktionsplan in zahlreichen Details ist.
Weitere Informationen mit Online Petition zum Queeren Aktionsplan Bayern auf der Webseite von CSD Bayern. Jetzt unterschreiben!
Hier geht´s zum Video der Podiumsdiskussion auf CSD Bayern Facebook
Text/ Fotos: Norbert Kiesewetter
GAYCON Juni 2023