Bunte Perle
Eröffnung Queeres Zentrum Erlangen
Erlangen: Ein historisches Datum für die queere Geschichtsschreibung in Franken. Am dritten Oktober-Wochenende eröffnete das Queere Zentrum Erlangen (Friedrichstr. 28) für die LGBTIQ*-Community in Stadt und Region. Ein emotionaler Moment, besonders für den Verein MakeYourTownQueer. Vor fünf Jahren, beim ersten CSD Erlangen, hätte noch niemand geglaubt, dass in so kurzer Zeit ein Queeres Zentrum in der Hugenottenstadt eröffnen könnte, wie auch Vorständin Iris Klopfer bei der Begrüßung betonte. Sie bedankte sich auch bei der Stadt Erlangen, für die offenen Türen in der Stadtverwaltung und der Politik. Auch Stadtoberhaupt Florian Janik kam zur Eröffnung. „Eine offene, vielfältige und unterstützende Gemeinschaft ist das Herzstück unserer demokratischen Gesellschaft. Wenn wir Räume schaffen, in denen alle sein können, wie sie sind, stärken wir das Miteinander und machen Erlangen ein Stück lebenswerter – für uns alle“, so der Oberbürgermeister. „Es ist mehr als nur ein Ort, es ist ein sicherer Raum für alle Menschen, die Teil der queeren Community sind oder sie unterstützen möchten. Hier wird Begegnung, Austausch und Unterstützung in den Mittelpunkt gestellt. Besonders wichtig ist, dass das Zentrum eine Umgebung schafft, in der sich jede*r frei und sicher fühlen kann.“ Rund 50 geladene Gäste von queeren Organisationen und Vereinen der Region sowie aus der regionalen Politik waren bereits am Freitag dabei. Am Samstag folgte die Eröffnung für die gesamte queere Community. Musikalische Beiträge sowie Drag-Shows rundeten das Eröffnungsprogramm ab.
Das Zentrum
Das Queere Zentrum ist zentral in der östlichen Altstadt gelegen, nur ein paar Fußminuten vom Bahnhof entfernt, in einem schön renovierten historischen Gebäude. Die Regenbogenfahne hängt am Dacherkerfenster, die Räumlichkeiten befinden sich aber alle barrierefrei im Erdgeschoss. Das Zentrum besteht aus vier Räumen, durch die man hindurchgeht. Der größte davon befindet sich gleich am Eingang, inklusive Wandspruch „Born this Way“ mit Regenbogen-Symbol, für Veranstaltungen und größere Treffen. Der zweite Raum ist als Chill-Out-Room mit bequemen Sitzgelegenheiten gestaltet. Nummer drei im Anschluss wird das zukünftige Küchenabteil, welches zur Eröffnung mit einem üppigen Buffet den Praxistest schon bestanden hat. Ein WC für alle, und schließlich der kleinste Raum als Büro zum Schluss runden die Einrichtung ab. Das Queere Zentrum bietet zukünftig Beratung, Austauschmöglichkeiten, Veranstaltungen, Workshops und Bildungsangebote, die das Miteinander in der Gesellschaft stärken sollen. Hier können Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität zusammenkommen, um sich gegenseitig zu unterstützen und voneinander zu lernen. Mit dem hauptamtlichen Team Luca Siemens und Linus Hoppe werden nun Aktivitäten und Programme angeboten, die auf die Bedürfnisse der LGBTIQA*-Community zugeschnitten sind.
Geschichte
Die Ur-Idee war ein queerer Safe Space für Erlangen. Nun ist daraus ein Zentrum entstanden, nach einer langen Prozedur mit vielen Teilnehmenden aus der Community. Josi Taucher hatte die Idee eines Safe Space, weil es zu viele Übergriffe auf queere Personen, Diskriminierung, Häme und sogar Handgreiflichkeiten gab. Und niemand war da, um zu helfen, keine Institution, kein Raum, um Schutz zu bieten. Nach dem CSD im Oktober 2022 trafen sich rund ein Dutzend Menschen in der Stadtbibliothek Erlangen und diskutierten über die Idee eines Safe Space. „Natürlich war etwas Zurückhaltung zu spüren, aber ähnlich wie kleine Feuerzeuge saßen wir da, zappelten förmlich vor Aufregung und zündelten, wir brauchten nur etwas Entzündliches, um zu brennen“, so Frank Mann, Beigeordneter Vorstand Queeres Zentrum Erlangen, bei der Eröffnung. „Genauso konnte man die Stimmung beschreiben, das Knistern war buchstäblich zu hören. Diese Energie, die wir da freisetzen konnten, hält bis heute an. Und sie können sehen und erahnen, was diese Energie freigesetzt hat. Sie sitzen ja quasi im Epizentrum“. Ein öffentliches Arbeitstreffen im Lesecafé brachte damals die Kern-Gruppe zum Staunen. Als Resonanz aus der Community waren plötzlich 12 neue Personen da, um sich das Vorhaben anzuhören. Hier entwickelte sich die Idee eines richtigen Zentrums, mit Beratung und Hilfsangeboten. Und aus der Gruppe wurde eine Initiative, die ein Konzept entwickelte. Tipps gab es stets vom Diversity-Büro. Die pädagogische Fachkraft Linus schrieb das Konzept. Ein Meeting mit den Fraktionen aus dem Stadtrat, für eine Vorab-Vorstellung, brachte überraschend wertvolle konstruktive Tipps. Weil alle die Hausaufgaben gemacht hatten, stimmte der Stadtrat mit großer Mehrheit letztendlich zu. Die Immobiliensuche gestaltete sich schwierig, doch nach zahlreichen Besichtigungen wurde das Team fündig. „Unscheinbar, mitten in der Stadt, lächelte sie uns an… die Perle in der Friedrichstraße“ sollte es sein, obwohl sie räumlich kleiner ist als im Konzept vorgesehen. Ein ziemlicher Wehmutstropfen: Weil die Stadt Erlangen wegen eines großen Gewerbesteuereinbruchs und dem daraus folgenden Haushaltsloch sparen muss, wird auch der Zuschuss für das Queere Zentrum entsprechend geringer ausfallen. +++ Kontakt Queeres Zentrum Erlangen +++
Fotos/ Text: Norbert Kiesewetter
GAYCON Oktober 2024